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Der Medizinnobelpreis und was das für Dein Business bedeutet

von Anna Lena Marwedel

Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young wurde am 02. Oktober 2017 der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin verliehen. Die drei US-amerikanischen Wissenschaftler wurden dafür geehrt, dass sie herausfanden, wie die circadiane Uhr funktioniert.

 

Circadian kommt von den lateinischen Worten circa, das bedeutet „ungefähr“ und dies, dem Tag. Die circadiane Uhr sorgt dafür, dass wir Menschen und andere Lebewesen, mit denen wir den Planeten teilen, einen etwa 24-stündigen Rhythmus einhalten.

 

Die diesjährigen Preisträger identifizierten 2 Proteine, über die das Gen period beeinflusst wird, sowie den Mechanismus über den Tageslicht die biologische Uhr stellen kann. Der Nucleus suprachiasmaticus im Hypothalamus gilt inzwischen gesichert als Taktgeber für die inneren Uhren der Säugetiere, weil er vom Tageslicht gesteuert wird und Signale aus der Augennetzhaut empfängt, übermittelt vom direkt darunter verlaufenden Sehnerv.

Bei manchen laufen die Uhren anders

Die biologische Uhr steuert die Mehrheit unserer Gene und passt deren Aktivität an die jeweilige Tageszeit an. Sie gibt den Takt an, wann wir tagsüber leistungsfähig sind, wann wir Hunger haben und wann wir abends müde werden. Die circadiane Uhr ist aber, wie der Name schon sagt, nur ungefähr in einen Tag, also 24 Stunden, eingeteilt. Manche Menschen haben eine kürzere innere Uhr und stehen gerne früh auf und gehen auch früh ins Bett und andere Menschen haben eine längere innere Uhr, die dem Tag mehr als 24 Stunden zuspricht. Diese Menschen gehen deshalb später ins Bett und stehen auch entsprechend später wieder auf. In der Biologie ordnet man diese beiden Verhaltensweisen sogenannten Chronotypen zu.

 

Der Chronotyp Lerche, benannt nach dem Vogel, der bereits in der Morgendämmerung anfängt zu singen, bezeichnet die Frühaufsteher. Der Chronotyp Eule, der seinen Namen ebenfalls von den Vögeln bekommt, beschreibt die von Natur aus besonders abends und nachts aktiven Menschen.

 

Menschen vom Chronotyp Lerche kommen im Arbeitsleben meistens ohne Probleme zurecht. Die üblichen Arbeitszeiten und der morgendliche Schulbeginn kommen den Frühaufstehern, eben den Lerchen, entgegen. Sie stehen zwischen 5:00 und 8:00 Uhr morgens auf, je nachdem ob es sich um eine extreme oder nur eine leichte Lerche handelt, und geht relativ ausgeruht in die Arbeit.

Der Normaltyp steht zwischen 8:30 und 9:00 auf. Leichte Lerchen und Normaltyp machen ungefähr 50% der deutschen Bevölkerung aus.

Welcher Chronotyp Sie sind – sofern Sie es nicht schon wissen – können Sie hier mit diesem Test der LMU München herausfinden.

Bildquelle: LMU, INSTITUT FÜR MEDIZINISCHE PSYCHOLOGIE, Zentrum für Chronobiologie

Eulen in Not

Bei den Menschen vom Chronotyp Eule passt der Biorhythmus nicht zum geforderten Lebensstil.

Je später der Chronotyp, desto größer sind die Probleme, sich an die von der Gesellschaft geforderten Zeitpläne zu halten. „Eulen zeigen die größte Differenz zwischen ihren Schlafzeiten an Arbeits- und an freien Tagen“, berichtet Prof. Dr. Till Roenneberg von der LMU München. „Es kommt zu einem beträchtlichen Schlafdefizit unter der Woche, das dann am Wochenende ausgeglichen wird. Aber auch Lerchen können unter [diesem] sozialem Jetlag leiden, wenn sie zum Beispiel an Wochenenden dem Druck der vorwiegenden Eulenfreunde nachgeben, viel zu spät ins Bett kommen und dennoch am nächsten Morgen zur gewohnt frühen Zeit aufwachen“.

 

Chronotypen sind zu 45% genetisch bedingt, das heißt es ist nicht wirklich sinnvoll, zu versuchen, eine Eule umzuerziehen. Noch schlimmer – es kann fatale Folgen haben, wenn die innere Uhr dauerhaft in Unstimmigkeit mit den sozialen Zeitplänen laufen muss. Psychische Erkrankungen, Schlafstörungen, Übergewicht, Diabetes und auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen können die Folge sein.

 

“Je stärker der soziale Jetlag, desto mehr greifen Individuen nach Stimulanzien“, berichtet Prof. Dr. Till Roenneberg von der LMU München. „Desto häufiger sind sie auch Raucher.“ Der Zusammenhang zwischen Rauchen und sozialem Jetlag war in der Studie von Prof. Roenneberg besonders auffällig.

Ganz leicht aus der Not eine Tugend machen

Flexible Arbeitszeiten würden den Eulen ermöglichen, ihrer inneren Uhr zu folgen und die gesundheitsschädlichen Folgen des sozialen Jetlags zu vermeiden.

Das ist besonders wichtig, wenn Sie selbständig sind – Sie und Ihre Ideen sind Ihr wichtigstes Gut!

Aber auch für Manager, die das beste aus Ihrem Team herausholen wollen ist es wichtig, den Chronotyp ihrer Mitarbeiter zu kennen.

 

Die Aufmerksamkeits- und Müdigkeitsspannen Ihrer Mitarbeiter hat große Auswirkungen. Es kann eine Herausforderung sein, für Besprechungen und Schulungen eine Zeit zu finden, zu der alle gut folgen können. Aber Sie können auch immense Vorteile daraus ziehen, wenn sie die Chronotypen Ihrer Mitarbeiter berücksichtigen! Gerade für Aufgaben, die mehr oder weniger rund um die Uhr erledigt werden müssen, können Sie die Arbeitszeiten ideal an die passenden Chronotypen verteilen. Die Lerche fängt morgens früh an und übergibt an den Normaltyp, der dann später an die Eule übergibt. So stellen Sie sicher, dass alle Ihre Mitarbeiter hauptsächlich zu Zeiten ihres höchsten Leistungsniveaus arbeiten!

 

Viele Unternehmer und Vorgesetzte zerstören aber diese wunderbare Möglichkeit, indem sie Mitarbeiter bestrafen, die eulengerechte Arbeitszeiten wählen. Die Vorurteile, dass Menschen die später kommen und später gehen schlechtere Arbeit leisten, faul sind oder unfokussiert begegnen einem leider immer wieder.

Sie müssen Ihre eigenen Vorurteile abbauen, wenn Sie das volle Leistungsniveau Ihrer Mitarbeiter bekommen möchten. Ihre wichtigsten Aufgaben verdienen Mitarbeiter, die ihre Arbeit erledigen dürfen, wie sie es am besten können.

Quellen:

Nobelkomitee des Karolinska Institutet, Pressemeldung vom 02.10.2017

LMU Pressemeldung „Spätaufsteher und der "social jetlag"“, München, 28.03.2006

„Social Jetlag: Mis-alignment of Biological and Social Time”, Marc Wittman, Jenny Dinich, Martha Merrow, Till Roenneberg, Chronobiology International, 2006

Hur & Lykken, Genetic and environmental influence on morningness-eveningness, Personality and Individual Differences. 25: 917-925, 1998

Klei, Reitz, Miller, Wood, Maendel, Gross et al., Heritability of morningness-eveningness and self-report sleep measures in a family-based sample of 521 Hutterites. Chronobiology International, 22(6), 1041–1054, 2005

 

Zum Weiterlesen:

The ideal Work Schedule, as Determined by Circadian Rhythms, Harvard Business Review, 28.01.2015

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